Man kann es nur begrenzt, wenn man bei der Wahrheit bleiben will. Am Hofe, wo die Höflichkeit herstammt, hatte man viel Zeit und Freude an ausgefallenen Ritualen.
Also muss man Kompromisse eingehen und Prioritäten setzen. Bei der Bewerbung auf eine Stelle in einem 5-Sterne-Hotel gelten sicher andere Kriterien, als bei der Bewerbung als ungelernte Hilfskraft auf dem Bau.
- F1 - "Brauchen Sie noch Wasser?"
- A1 - "Nein".
- A1 (höflich) - "Nein, vielen Dank. Ich bin nicht durstig."
"Nein, danke." sollte genügen. Es signalisiert Aufmerksamkeit für kleine Dinge, also dass man den guten Willen, den das Angebot darstellt, wahrgenommen hat und zu schätzen weiß, aber auch kein Aufhebens darum macht. Das "danke" dauert vielleicht eine viertel Sekunde - nichts, worüber man sich Sorgen machen sollte.
- F2 - "Haben sie Erfahrungen in diesem Bereich?"
- A2- "Nein. Leider nicht"
- A2 (höflich und motiviert) - "Im Moment nicht. Aber, ich möchte über diesen Bereich im neuen Job lernen..."
Statt "im Moment nicht" wäre "bisher nicht" besser. Im Moment sitzt man ja da beim Vorstellungsgespräch. Und Erfahrungen verschwinden auch nicht von eben auf gleich. In Vorstellungsgesprächen wird auch erwartet, dass man höflich ist, dass man versucht sich in einem guten Licht darzustellen, dass man Lücken beschönigt. Je nachdem, wie ernst einem der Wunsch ist, etwas dazuzulernen, wird man es konkretisieren und unterfüttern können, was der Selbstdarstellung Glaubwürdigkeit verleiht.
"Bisher nicht. Aber Blockchains sind ja so omnipräsent - ich würde mich freuen das hier lernen zu dürfen."
Oder:
"Bisher nicht. Aber ich habe eine schnelle Auffassungsgabe und arbeite mich schnell in neue Themen ein. Zuletzt habe ich Fast-Fourier-Transformationen bei der X-UP-Company gelernt, obwohl ich bei Matrizenrechnung in der Schule ziemlich mau war. Als die praktische Anwendung klar war, war es für mich ein Klacks das zu lernen."
Dass man bei einem Vorstellungsgespräch aufgeregt sein kann und vielleicht zu viel redet, kann passieren. Man sollte ein Auge auf die Gesprächspartner haben und merken, wenn man sie mit Phrasen langweilt oder ob zu kurz angebundene Antworten als unangebracht empfunden werden.