Wenn die Bedeutung eines Wortes verblaßt, bedeutet das, daß Sprecher die ursprüngliche oder wörtliche Bedeutung des Wortes nicht mehr wahrnehmen.
Das geschieht im Deutschen regelmäßig bei sogenannten Funktionsverbgefügen. Anstelle des einfachen
untersuchen
benutzt man
eine Untersuchung vornehmen
Die Bedeutung des Ganzen liegt im Nomen Untersuchung; das Verb vornehmen trägt dazu nahezu nichts mehr bei. Seine Bedeutung ist in dieser Verbindung verblaßt. (Man hat nicht das Gefühl, daß eine Untersuchung in die Hand genommen und irgendwohin getragen wird.)
Wenn die ursprüngliche Bedeutung eines Wortes verblaßt, kann dies dazu führen, daß Sprecher es anders benutzen und die Bedeutung sich ändert. Ein Beispiel wäre das Wort merkwürdig: ursprünglich hieß es erinnernswert, denkwürdig. Das DWB hat den Beleg:
alles was geschieht, das merkwürdige wie das unbedeutende, reiszt der zeitstrudel mit sich in die vergessenheit hinab.
Aber heute bezeichnet merkwürdig das Seltsame, Verwunderliche, Auffallende. Wieder das DWB:
das ist ein merkwürdiger kerl (von einem der durch sein thun oder wesen auffällt)
Also bedeutet verblaßt hier nicht, daß das Wort selten benutzt wird.
verblasstals Gebrauchscharakterisierung erscheint mir auch ungewöhnlich: ich könnte mir vorstellen, dass es "seltener werdend" bedeuten solle (was aber m. E. auf das angegebene Beispiel gerade nicht zutrifft). In Bezug auf Sprache kann ich mir verblassen nur in folgender Wendung vorstellen: "Die ursprüngliche Bedeutung von ... ist verblasst, heutzutage wird das Wort nur noch im Sinne von ... verwendet", d. h. die ursprüngliche Bedeutung ist mit der Zeit verloren gegangen. – Stef Jun 12 '20 at 19:05