Ich möchte gern wissen, warum der Satz
Uns ist der Film interessant.
falsch ist, während z.B.
Uns ist der Film wichtig.
offensichtlich richtig ist.
Haben wir konkrete Grammatik für manche Adjektive in dieser Kombination ?
Ich möchte gern wissen, warum der Satz
Uns ist der Film interessant.
falsch ist, während z.B.
Uns ist der Film wichtig.
offensichtlich richtig ist.
Haben wir konkrete Grammatik für manche Adjektive in dieser Kombination ?
In dem Satz “Uns ist der Film interessant” wird das Adjektiv "interessant" mit dem Dativ erweitert. Das ist im Hochdeutschen zumindest sehr unüblich, wenn auch die Belege von Hubert Schölnast zeigen, dass es vorkommt. Die normale Verwendung in gegenwärtigem Deutsch wäre: "Für uns ist der Film interessant".
Es gibt Adjektive, die man direkt mit dem Dativ (oder anderen Fällen) erweitern kann, und andere, bei denen das nicht geht. Eine (unvollständige) Liste von Adjektiven, die man direkt erweitern kann, gibt es hier:
Bei Adjektiven, die nicht direkt mit einem Kasus erweiterbar sind, muss man eine Präposition einsetzen, zum Beispiel "für".
Der Preis ist dem Kunden egal. ("für den Kunden" würde auch gehen)
Der Preis ist für den Kunden unbezahlbar. ("dem Kunden" wäre hier falsch)
Diese Information ist mir neu. Der Bericht enthielt keine mir neuen Informationen. ("für mich" würde auch gehen)
Diese Information ist für mich hilfreich. Der Bericht enthielt keine für mich hilfreichen Informationen. ("mir" wäre falsch)
Deine Ausrede ist mir unverständlich. Schon wieder kommst du mit einer mir unverständlichen Ausrede zu mir.
Deine Ausrede ist für mich nicht nachvollziehbar. Warum du immer wieder für mich nicht nachvollziehbare Ausreden anführst, ist für mich nicht nachvollziehbar.
Du bist mir lieb und teuer.
Du bist für mich einzigartig.
Der Film ist den Betroffenen wichtig.
Der Film ist für die Betroffenen interessant.
Es gibt auch Adjektive, die direkt mit anderen Fällen erweiterbar sind:
Der Festgenommene ist des Einbruchs verdächtig. ("verdächtig" mit Genitiv)
Der Film war den Eintrittspreis wert. ("wert" mit Akkusativ)
Der erste Satz ist gar nicht falsch. Er ist nur ungebräuchlich. Ich ändere nur mal die Reihenfolge der Satzglieder, so dass das Subjekt an erster Stelle steht und lasse das Wort uns vorerst mal weg:
Der Preis ist egal.
Diese Information ist neu.
Deine Ausrede ist zu billig.
Der Film ist wichtig.
Der Film ist interessant.
Das sind alles einfache Sätze mit einem Subjekt und einem Prädikat. Das Prädikat besteht aus einem Verb, nämlich einer Form von sein und einem Prädikativum (das in einem Fall mit der Gradpartikel "zu" ergänzt wurde). Das Verb sein gehört zu den Kopulae, und ein Kopula und ein Prädikativum ordnen gemeinsam dem Subjekt eine Eigenschaft zu. Sie funktionieren gemeinsam also so ähnlich wie Attribute innerhalb von Nominalgruppen, mit dem Unterschied, das eine Nominalgruppen (»der wichtige Film«) noch kein ganzer Satz ist, die Konstruktion mit Kopula und Prädikativum hingegen schon.
So weit, so langweilig.
Nun gibt es im Deutschen aber noch den Dativus commodi, auf Deutsch: Dativ des Nutzens bzw. Dativ des Nutznießers. Das ist jene Anwendung des Dativ, bei der der Nutznießer einer Handlung im Dativ genannt wird:
Eugen hat mir den Laptop repariert.
Damit sehr eng verwandt: der Dativus imcommodi (Dativ der Benachteiligung bzw. Dativ des Benachteiligten):
Jürgen hat mir mein Hemd zerrissen.
In vielen Grammatikbüchern werden diese beide Formen gemeinsam unter dem Begriff Dativus commodi behandelt, weil grammatisch kein Unterschied besteht, und der einzige Unterschied darin besteht, ob die Auswirkung erfreulich oder unerfreulich ist, was aber eher eine semantische Kategorie ist.
Das Wichtige dabei: Das ist ein freier Dativ, also ein Dativ, der nicht vom Verb regiert wird. Mit anderen Worten: Es gibt kein Verb, dass den Einsatz dieser Form des Dativ verlangt. Es gibt aber auch kein Verb, dass den Einsatz des Dativus commodi (bzw. auch des Dativus incommodi) verbieten würde. Daher kann man dieses Satzglied immer hinzufügen, um auszudrücken, dass die beschriebene Handlung jemanden beeinflusst:
Der Preis ist dem Kunden egal.
Diese Information ist mir neu.
Deine Ausrede ist mir zu billig.
Du bist mir lieb und teuer.
Der Film ist den Betroffenen wichtig.
Also auch:
Der Film ist uns interessant.
Grammatisch gibt es daran nichts auszusetzen, klar verständlich ist der Satz auch, also spricht eigentlich nichts gegen seine Verwendung. Lediglich der Umstand, dass diese Konstruktion bei bestimmten Adjektiven üblicher ist als bei anderen, macht die Verwendung zusammen mit einigen Adjektiven zu einer ungewohnten Erfahrung.
Weil mehrere Teilnehmer an dieser Diskussion die Korrektheit der Formulierung "das ist mir interessant" in Abrede stellen, möchte ich hier ein paar Beispiele aus Kunst, Literatur und Wissenschaft nennen, in denen genau diese Formulierung vorkommt, und zwar aus der Feder bzw. dem Mund von Hochdeutsch sprechenden Muttersprachlern. (Auf jeder verlinkten Seite kommt »ist mir interessant« vor.)
Die oben genannten Fundstellen sind alle schon etwas älter, es gibt aber auch welche aus dem 21. Jahrhundert:
Der Preis ist unbezahlbar. Die Information ist alt. Deine Ausrede ist mangelhaft. Du bist groß und stark. Der Film ist interessant.
Das kann man nach alles entweder gar nicht oder nur mit "für jemanden" erweitern, nicht mit einem einfachen Dativ. Ich denke, es gibt einfach Adjektive, bei denen der Dativ funktioniert und andere wie "interessant", bei denen er nicht funktioniert.
– HalvarF Aug 09 '20 at 06:28