Die Regel in der neuen Rechtschreibung ist, dass man die Frage, ob man ss oder ß schreibt, nach der Standard-Aussprache des Vokals davor entscheiden kann. Nach "kurzen" Vokalen steht ss, nach "langen" Vokalen steht ß.
Wichtig ist, dass diese Regel nicht bei der Frage hilft, ob man ein Wort mit "s" oder mit "ss"/"ß" schreibt. Um die Regel oben anwenden zu können, muss man schon vorher wissen, dass das Wort nicht mit nur einem einfachen s geschrieben wird.
Es folgen Beispiele für "kurze" und "lange" Vokale mit Links zu Wiktionary, wo jeweils Hörbeispiele und die Aussprache in IPA zu finden sind. Wie man dabei sieht, bezieht sich "kurz" und "lang" hier nicht unbedingt nur auf die zeitliche Länge der Aussprache des Vokals, sondern es sind eigentlich jeweils unterschiedliche Arten, den gleichen Vokal auszusprechen, die meist auch unterschiedlichen Symbolen in IPA entsprechen. Siehe hierzu auch die Antwort von David Vogt hier.
Kurzes A: Masse, dass
Langes A: Maß
Kurzes E: besser
Langes E: Geest (mir fällt kein Beispiel mit lang gesprochenem e und ß danach ein)
Kurzes I: wissen
Langes I: Spieß (mir fällt kein Beispiel mit lang gesprochenem i und dann ß ein, ein lang gesprochenes i wird im Deutschen normalerweise als ie geschrieben)
Kurzes O: Ross, Posse
Langes O: groß
Kurzes U: Kuss
Langes U: Muße, Gruß
Kurzes Ä: du lässt, Pässe
Langes Ä: Gefäß
Kurzes Ö: gösse (Konjunktiv von gießen)
Langes Ö: Blöße, größer
Kurzes Ü: müssen
Langes Ü: Grüße
Nach Diphthongen (Doppellauten aus zwei Vokalen wie ei, au, eu, äu) steht immer ß, nie ss.
außen, gleißen, preußisch, äußern
Natürlich gibt es auch Zweifelsfälle, die explizit geregelt sind. Der wahrscheinlich bekannteste ist das Wort "Spaß", das in manchen Teilen des deutschen Sprachraums mit langem A, in anderen mit kurzem A ausgesprochen wird. In Deutschland schreibt man Spaß, in Österreich existiert als Nebenform auch Spass.
In der Schweiz wird der Buchstabe ß gar nicht verwendet, sondern stattdessen ss geschrieben.